Donnerstag, 1. Juli 2010

Es ist ein Wulff – Wenn eine Wahl wichtiger wird als das Ergebnis

Alle guten Dinge sind hoffentlich wirklich drei. Denn so viele Wahlgänge waren nötig, um auch die letzten Zweifler an den schwarz-gelben Kandidaten auf Fraktionslinie zu bringen.
Zweimalig wurde Christian Wulff aus seinem Lager abgewatscht. Denn obwohl CDU/CSU und FDP über die absolute Mehrheit in der Bundesversammlung verfügen, konnten oder wollten sich nicht alle Delegierten dazu aufraffen, sich dem Fraktionszwang unterzuordnen. Fraglich ist nur, warum sie sich sträubten. Die FDP verkündete lauthals, dass ihre Reihen geschlossen sind. Wollten also die Schwarzen der Kanzlerin eins auswischen? Oder waren sie tatsächlich der Ansicht, dass Gauck der geeignetere Kandidat ist?
Letztlich lassen sich diese Fragen nicht klären. Doch wenn die Abtrünnigen wirklich an ihre Auffassung des besseren Kandidaten geglaubt hätten, wären sie wohl auch beim dritten Wahlgang nicht eingeknickt. So oder so ein Denkzettel für die Koalition. Gründe dafür, auch in den eigenen Reihen, gäbe es zu genüge.
Aber auch die anderen Parteien haben nicht die Wahl genutzt, um einen Kandidaten ihrer Überzeugung im Bundespräsidentenamt zu installieren, sondern um eine Show zu veranstalten. Warum sonst sollte die rot-grüne Opposition einen Kandidaten nominieren, der eher dem bürgerlichen Lager zuzuordnen ist und einst Favorit der CSU war? Ein überparteilicher Kandidat, zweifelsohne. Und dennoch dreht es sich lediglich um ein rein repräsentatives Amt – Parteizugehörigkeit ist dem Inhalt eindeutig unterzuordnen. Zusätzlich sollte ein Bundespräsident auch jemand sein, mit dem sich das Volk identifizieren kann und der Berlin ab und an Contra bietet. Ein Präsident aus der Parteischmiede ist hingegen ein machtpolitisches Instrument.
Auch die Linke konnte sich einmal behaupten. Dass ihre Kandidatin Jochimsen keine Chance hatte, wohl auch weil sie ihrer Partei zu ähnlich ist, war von Anbeginn offensichtlich. Worum es der Linken letztendlich ging, war das Gefühl, endlich einmal gebraucht zu werden und nicht bloß Stimmengeber zu sein. Die Opposition hat dies mit ihrem Gebaren und Stimmengefeilsche reichlich befeuert. Im nordrhein-westfälischen Landtag hat sich die Minderheitsregierung von der Linken befreit und ihr ein Dasein als fünftes Rad beschert. Je nach Gesetzesvorhaben der Landesregierung, ist sie nun lediglich zur Stimmenabgabe aufgerufen. Für die Regierung, versteht sich. Also konnte die Linke nun einmal die Retourkutsche fahren. Dass sie dabei der Bundesregierung und Opposition in den Karren fahren konnte, kam ihr dabei sehr gelegen.
Somit wird nur nicht im Schloss Bellevue eine Kinderspielecke eingerichtet, sondern der ganze Reichstag war gestern ein ganzer Spielplatz. Jede Partei hat am Spielzeug Bundespräsident gezerrt und wollte nicht nachgeben. Das eigentliche Ziel, für Deutschland einen Bundespräsidenten zu finden der für das gesamte Land spricht, ist klar verfehlt und war sogar nie als solches erkennbar. Wenn die Hälfte des Landes nicht zuhört, wenn der Präsident etwas zu sagen hat oder er gar von der Opposition angegriffen wird, ja dann hat Köhler in der Tat Recht, als er meinte, der nötige Respekt vor dessen Amt ging verloren. Die machtpolitischen Spielereien der Parteien hatten nur die Absicht, die Stärke der Regierung, bzw. ihre Schwäche zu demonstrieren.
Wulff, Gauck und Co. waren damit nur das Mittel zum Zweck. Und obwohl alle Seiten vorgaben Grund zum Feiern zu haben, ist niemand als Gewinner aus der Schlacht gegangen. Die Koalition ist nun geschwächt und hat sich auch innerlich als zersplittert entblößt. Dass es aber Querschläger unter ihnen gibt, ist kein Geheimnis, besonders bei dem Führungsstil der Kanzlerin. Auch die Opposition ist geschwächt. Zwar wollte sie beweisen, dass sie in der Lage ist, die Regierung zu schwächen, aber insgeheim sollte Gauck eben auch als Gewinner aus der Wahl hervorgehen.
Somit war die Wahl für alle Seiten ein Ringen um Macht und parteipolitischen Interessen. Wer jetzt daraus hervorging, scheint nachrangig zu sein. Die Schlacht ist geschlagen. Die Regierung hangelt sich zum nächsten Konflikt, da sie nicht weiß, wie sie diese Schwächung verdauen soll und nutzen kann. Und die Opposition wird wohl weiter Angriffspunkte suchen und auch finden. Das einzig Neue ist der Umzug von Wulff nach Potsdam. Ob er es schafft, sich vom Spielzeug zum Spielmacher zu entwickeln wird sich zeigen. Die Regierung wird er auf alle Fälle überleben.

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