Samstag, 10. Juli 2010

10.01.0001 A.W. – 10 Tage nach der Wahl von Wulff bleibt die Koalition auf Konfrontationskurs

Die Wahl des Bundespräsidenten Christian Wulff am 30. Juni war eine Farce an sich. Die Koalition hat sich wie zu erwarten uneinig und zersplittert gezeigt, auch innerhalb der CDU selbst. Und Merkel hat noch ein weiteres Stück Führungsstärke und Beliebtheit abtreten müssen. Der Opposition hat's gefreut, nur konnte sie aus dieser Schwäche wiederum keine Stärke für sich ziehen. Und all diejenigen, die gehofft haben, dass die Koalition sich nun endlich noch einmal vor der Sommerpause zusammenreißt, ihren Zwist vergisst und einen Neustart wagt, warten bis jetzt auf ein entsprechendes Zeichen. Es wäre zu schön, hätten Merkel, Westerwelle und Seehofer die Wahl als das wahrgenommen, was es war: ein Alarmsignal. Und zwar dafür, dass auch innerhalb der eigenen Reihen die Überzeugung der Regierung zu folgen flöten geht. Sollte das soweit gehen, dass im Plenarsaal entgegen dem Fraktionszwang eine unübersehbare Anzahl der Abgeordneten gegen einen Gesetzesentwurf der Regierung stimmt oder sich enthält, ja dann sind wir wirklich bei der Regierungsunfähigkeit angelangt, wie es die meisten bereits jetzt schon empfinden.
Und es gibt unheimlich viele, auch kontroverse Themen, wo solche Abgeordneten die Gelegenheit haben werden, zu demonstrieren, dass sie nicht mehr auf Linie mit der Partei sind – alle Machtwörter oder Tipps zum Führungsstil hin oder her. Dass diese ohnehin so schnell verdunsten, wie das Wasser im Rhein, liegt nicht unmittelbar an den momentanen Temperaturen.
Die Anzahl der schwelenden Konflikte ist fast unüberschaubar. Die Gesundheitsreform von Young Star Rösler wurde von CSU zerfetzt und ist eine Enttäuschung auf allen Seiten. Fast schlimmer ist jedoch, dass sie den Bürgern als vermeidlicher Erfolg verkauft wird. Das elektronische Entgeltnachweis-Verfahren, auch ELENA genannt, ist genauso umstritten und von der FDP missbilligt, wie die Rufe nach Steuererleichterungen bei Brüderle. Auch die Kürzung der Solarförderungen und die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen bescheren der Kanzlerin ausreichend Möglichkeiten, ihre Führungsqualitäten zu beweisen. Dass ihr diese auch innerhalb der Partei abgesprochen werden spricht auch für sich.
Weiterhin hätten wir da das Sparpaket und den EU-Beitritt der Türkei als Knackpunkte im Angebot. Vielleicht hilft es, zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten Grundsätzen zu stehen und diese als Regierung einheitlich zu vertreten. Wahrscheinlich nicht zu guter Letzt, aber ausreichend an dieser Stelle: die AKW-Laufzeitverlängerung, die so viele verschiedene Kontroversen hervorruft, wie es Unterschiede bei der Sicherheit der AKWs gibt und die Bundeswehrreform. Ein Minister schafft es hierbei, die gesamte schwarz-gelbe Koalition durcheinander zu bringen. Dabei wissen die meisten, wirkliche Alternativen gibt es nicht. Nur sind viele Parteimitglieder unterschiedlichster Couleur über den forschen Tatendrang des Bayern erschreckt.
Die Baustellen sind also groß und vielzählig. Wenn sich jeder auf die Expertise seines Ministerium konzentrieren würde und nicht zu jedem Thema seinen Senf dazugäbe, weil die Profilierungssucht gradewegs zur Krankheit wird, wäre der Regierung schon geholfen, einmal das zu tun, für das sie gewählt wurde: regieren!
Mit den Streitigkeiten sind nicht nur keine Fortschritte zu erzielen, sondern sie verschwenden auch vier Jahre der Wähler und des Landes. Eine zweite Chance zum Zusammenraffen wie die Wahl des Bundespräsidenten wird es vorerst nicht geben. Somit bleibt zu hoffen, dass das Kabinett über die Sommerpause vergisst, worüber es sich permanent streitet und anfängt, mit Konsens zu regieren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Kommentare sind sehr gern gesehen und eröffnen die Möglichkeit zum Austausch politischer Meinung.