Donnerstag, 10. Juni 2010

Es war einmal ein Sparpaket…

Das Geschrei ist groß. Die Debatte lang. Und dennoch: das Sparpaket der Schwarz-Gelben Regierung liegt auf dem Tisch. Und nicht nur auf irgendeinem Tisch, sondern auf allen Stammstischen Deutschlands und ein jeder scheint sich seine Meinung gebildet zu haben und muss diese nun laut kundtun. So auch ich.
Der Rotstift der Regierung ist eifrig. Rot mutmaßt das Sparpaket aber allerdings gar nicht an. Zwar sind die beabsichtigten Einsparungen von 80 Mrd. € in den nächsten Jahren eine beträchtliche Summe - und dabei werden wohl alle Stammtische zustimmen, die Neuverschuldung von Bund und Ländern muss sinken und das Defizit abgebaut werden, nicht nur zum Wohle nachfolgender Generationen, sondern auch um endlich einmal wieder zu einer langfristig soliden Haushaltsplanung zu gelangen – trotzdem scheint die Verteilung, wie schon von allen Seiten lauthals bekräftigt, ungerecht zu sein. Sie soll gar den sozialen Frieden bedrohen. Unpraktisch wenn wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben.
Aber wie sozial kann eine Wirtschaft noch sein, wenn die sozialen Verpflichtungen, die allen Bürgern auferlegt werden, mittlerweile ein Niveau erreicht haben, das wir zukünftigen Generationen nicht mehr rechtfertigen können. Dem politischen Unwillen der Regierung, diesen Zeitpunkt für nachhaltigere Veränderungen zu nutzen wird es verschuldet sein, dass die Deutschen einmal mehr darum gebracht werden sich in ihrer sozialen Marktwirtschaft wohl zu fühlen. Der Zeitpunkt ist deshalb ideal, weil die Bevölkerung ein Bewusstsein entwickelt hat, dass Einsparungen dringend nötig wären. Nur sollten diese eben auch gleichwertig verteilt werden. Den Menschen muss das Gefühl gegeben werden, dass sie nicht einkategorisiert werden in Melkkühe und Durchgefütterte. Jeder kann und wird in Umstände geraten, die nach einer finanziellen Absicherung durch den Staat verlangen. Auf der anderen Seite, sollten sich solche Leute jedoch nicht in der Bequemlichkeit wiederfinden, die Wahl zwischen staatlicher Absicherung des Lebensunterhalts und Arbeit zu haben. Und eben diese Ansicht verbreitet den Missmut der Bürger über die soziale Marktwirtschaft.
Den Kinderfreibetrag kann sich die Regierung schenken. Dringlicher und wirksamer wäre ein Anreizsystem, das Arbeitslose wieder zurück in ein Beschäftigungsverhältnis führt. Das würde die benötigten Milliarden sparen und ausreichend Wachstumsimpulse senden. Nur traut sich niemand mehr solche Strukturreformen offen zu fordern, weil mittlerweile ein Verdruss herrscht, wie die Regierung, sollte sie dieser Forderung nachkommen, diese umsetzen würde. Und zwar mit der Aufstockung der Mittel für die Bundesagentur und ein Meer von Weiterbildungsmaßnahmen die den Leuten aufgezwungen werden. Folgerichtig folgenlos. Die Erkenntnis, dass der Mut fehlt drängt sich dabei genauso auf, wie die Verwunderung über das Sparpaket selbst. Niemand kann wohl genau sagen, welche Luftschlösser dieses Mal größer waren, die Bestandteile des Sparpaketes oder die Hoffnungen auf denen es beruht. Eines ist jedoch sicher, wer mit Hilfe von Instrumenten die es noch nicht einmal gibt und deren Einführung auch mehr als fragwürdig ist riskiert, dass der soziale Frieden weiter ins Wanken gerät, muss verzweifelt sein.
Eines dieser Instrumente, die Finanztransaktionssteuer, wird die Regierung auch nicht näher an den ausgeglichenen Haushalt bringen, sondern sie einmal mehr auf europäischer Ebene isolieren. Das Verbot gewisser Leerverkäufe mag ja einige Finanzexperten aufgeschreckt haben, aber bei den hiesigen gehandelten Volumina kann man es noch als kosmetischen Eingriff abtun. Eine Steuer jedoch, die alle Transaktionen belastet wird einen weitaus größeren Effekt auf unsere Nachbarn erzielen. Merkel und Co. wollen ihre Entschlossenheit, die Banken an den Kosten der Krise zu beteiligen, unmissverständlich demonstrieren. Die Motivation ist genauso nachvollziehbar wie gerecht, nur sollte es eben nicht bei einer Demonstration bleiben. Auch werden sie versuchen den sozialen Frieden wieder etwas gerade zu rücken. Was dabei jedoch weniger geradlinig ist, ist die Vermutung, dass die Banken die Abgabe an deren Kunden weitergeben werden. Die Kosten der Krise werden somit erneut dem Bürger aufgeladen. Dabei sind die Forderungen, wie man die Banken nachhaltig beteiligen kann genauso alt, wie die Krise selbst, nämlich eine verbesserte Risikoabsicherung, inklusiver einer höheren Eigenkapitalquote und eine Abgabe auf die Handelssumme. Diese Kosten weiterzureichen dürfte weitaus schwieriger sein. Den Eigenhandel direkt oder indirekt über Verbote von gewissen Finanzmarktinstrumenten einzuschränken wird dabei wenig am Bewusstsein der Banken verändern, dass risikoreiches Handeln auch abgesichert sein muss.
Das wären nicht nur Maßnahmen, die die Bürger augenscheinlich beruhigen dürften, sondern auch ihre Wirkung zeigen werden. Es gilt eben nicht nur, neue Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen, sondern auch ein Gespür dafür zu haben, was den Menschen wichtig ist. Und eine Kostenbeteiligung der Banken an der Krise ist eines davon.
Bei der Beschneidung des Verteidigungsetats scheint dieses Gespür vorhanden gewesen zu sein. Für die Bundeswehr haben nicht nur die längste Zeit Leute gedient, sondern sie selbst hat auch ausgedient. Der Lieblingsminister zu Guttenberg hat das erkannt und darüber hinaus noch seinen Willen demonstriert, sich durchzusetzen. Und das schätzt das Volk. Ob darauf hin nun ein Soldat mehr oder weniger berufen wird ist ihm egal. Denn was zählt ist der eigentliche Nutzen und dieser wird bei der Bundeswehr als äußerst gering wahrgenommen.
Gleiches gilt auch für die erweiterte Mautgebühr oder eine Abgabe der Stromkonzerne auf eine eventuelle Verlängerung der AKW-Laufzeiten. Die Regierung hat durchaus gezeigt, dass sie in der Lage ist, etwas aus dem aufgeblähten Haushalt zu quetschen. Leider ist sie dabei vorgegangen wie ein Elefant im Porzellanladen. Das erzürnt die Gemüter zu Recht. Doch es bleibt zu sagen, dass der Sparzwang nicht aufgeschoben werden kann und die Politik handeln musste. Schlussendlich muss der Stift irgendwo angesetzt werden. Dabei ist das letzte Wort noch nicht gefallen und der Zeitpunkt ab dem die Schuldenuhr langsamer zu ticken beginnt ist noch in weiter Ferne. Schade ist jedoch nur, dass die Regierung erneut Unverständnis und Verdrossenheit hervorgerufen hat, mit der Bereitschaft der Bürger zu Zugeständnissen nicht respektvoll umging und den Zeitpunkt für einen gewagten Sprung zu Reformen verpasste. Die Leute brauchen wieder Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft, dann würden sie auch eher solch waghalsigen Unternehmungen wie dem Sparpaket zustimmen.

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