Montag, 14. Juni 2010

Bundestagswahl 2010 – Das mögliche Ende der Regierung

Der Lärm der Vuvuzela ist nichts gegen das, wie es gerade in der Koalition kracht. Selbst Abgeordnete wissen nicht mehr, an welcher Front sie eigentlich kämpfen. Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Tippgemeinschaften zur WM aneinander reiben. Noch nicht einmal ein ¾ Jahr an der Regierung und CDU/CSU und FDP häufen Zerwürfnis über Zerwürfnis an. Spekulationen über den großen Bruch reißen trotz dem Machtwörtchen der Kanzlerin nicht ab. Sie lässt die Sprachgewalt ihres Vorgängers Schröders vermissen und somit ist es nicht verwunderlich, dass munter weitergestichelt wird. Gurken, Rumpelstilzchen und Wildsäuen werden wohl noch andere Verbalausfälle folgen. Es ist ein Kindergarten.
Nun ist eines dieser schwelenden Konfliktherde die Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni. Die FDP droht, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, die Wahl von Merkels Kandidaten Christian Wulff gegen die Wand fahren zu lassen. Und immer mehr Landesverbände der FDP liebäugeln mit dem Gegenkandidaten der Opposition, Joachim Gauck. Der war übrigens auch einmal der Liebling der CSU – bei der Bundespräsidentenwahl 1999, jedoch lehnte er die Nominierung ab. Ein überparteilicher Kandidat also, der das Potenzial hätte, die Regierung wieder zu einem inneren Frieden zu bewegen, wenn die Kanzlerin ihre parteiinternen Machtspielchen ignoriert hätte. Und stellen wir uns nun einmal vor, am 30. Juni kommt es zum Eklat und die Bundesversammlung kommt im ersten und zweiten Wahlgang zu keinem eindeutigen Ergebnis. Es wäre das Todesurteil für die Ehe Schwarz-Gelb.
Interne Streitigkeiten hätten der Koalition die Grundlage ihrer Regierungsarbeit beraubt und nehmen wir auch einmal an, Merkel würde sich eines Instruments bedienen, das unter Rot-Grün des Öfteren Anwendung fand: sie stellt die Vertrauensfrage. Und da es nicht nur bei der FDP brodelt, sondern auch in der eigenen und in der Schwesterpartei, wird ihr das Vertrauen versagt bleiben. Neuwahlen werden ausgerufen und die Bürger dürfen wieder einmal zur Urne gebeten werden.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre…


Laut der aktuellen Emnid-Umfrage „Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre…“ würde erneut keine Wunschkoalition zustande kommen. Das Ergebnis unterscheidet sich nicht sonderlich von der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Bleibt nur die Frage, ob die Koalitionsverhandlungen genauso verkorkst laufen. Zwar hat die SPD auf Bundesebene den Linken eine klare Absage erteilt, aber von deren Standfestigkeit ist wohl nicht einmal mehr Sigmar Gabriel selbst überzeugt. Und dennoch wäre Rot-Rot-Grün eine Option vor der die SPD zurückschrecken wird und sollte. Mit einer Partei zu koalieren, die immer noch in romantischer Erinnerung an eine Diktatur schwelgt, würde die Demokratie, die seit nun mehr über 60 Jahren Frieden in Europa sicherstellt, beschädigen. Das darf keine Volkspartei riskieren. Ob die mit dem Zerbrechen der Koalition einhergehenden Stimmenverluste für CDU/CSU und FDP ausreichend sind, um eine Neuauflage von Rot-Grün zu ermöglichen ist zweifelhaft.
Auch ließe sich von der Landtagswahl ableiten, dass Jamaika in Berlin nicht funktionieren wird. Die FDP ist stark beschädigt. Sie hat für die Regierungsbeteiligung durchaus sehr fähige Minister gestellt, doch es scheint, als ob sie sich aus der Oppositionsstarre nicht befreien konnte und sich im Grunde genommen wieder dorthin zurückwünscht. Gelb ist out.
Und für viel mehr reicht es auch andernorts nicht. Nostalgiker aus CDU und SPD wird das freuen. Eine Neuauflage der großen Koalition ist die einzige realistische Option für eine Bundestagswahl 2010. Wie zwei Verliebte nach langer Trennung und einer Zeit der Bitterkeit werden sich die beiden Großen mit Harmoniegelübde überschlagen. Deutschland könnte endlich mal wieder von einer Lust zu Reformen erfasst werden. Der Gestaltungswille wäre wahrscheinlich, über die Koalitionsverhandlungen hinaus, groß.
Doch woran scheiterte die große Koalition 1.0? Es waren unüberbrückbare Differenzen, überzogener Stolz und ständiges Schielen auf potenziell angenehmere Koalitionspartner. Die CDU wurde bei letzterem zumindest besser belehrt. Eine inhaltliche Annäherung zu Bildung, Wirtschaft oder Soziales gab es nach wie vor nicht. Wie könnte es auch? Schließlich war vorerst kein Bedarf für eine Annäherung.
Konkret scheinen Konflikte über die AKW-Verlängerung, das Sparpaket und schließlich die K-Frage unüberwindbar. Schlussendlich bleibt aber alles eine Frage der Machtverhältnisse und der Not zu Zugeständnissen.
Das trifft nun auch auf die Bundespräsidentenwahl am 30. Juni zu. Wenn CDU/CSU und FDP sich nicht der Dramatik dieser Stunden bewusst werden und sich weiterhin nur mit sich selbst, statt mit dem, was dieses Land bewegt, beschäftigen, wird eine Bundestagswahl noch in diesem Jahr äußerst wahrscheinlich. Dann hilft auch kein Auf-den-Tisch-Gehaue von Merkel, sondern nur die Erkenntnis, dass ein Bündnis mit dem augenscheinlich besten Koalitionspartner immer noch keine funktionierende Regierung ausmacht.

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