Mittwoch, 6. April 2011

UNO light: die Staatengemeinschaft verfehlt ihr oberstes Ziel ihrer selbst wegen

Die Vereinten Nationen, ein Nachkriegskonstrukt zur Schaffung und Wahrung des Weltfriedens, stehen sich selbst bei der Verfolgung der eigenen Ideale im Weg. Diese sind der Erhalt des weltweiten Friedens und eine Garantie für internationale Sicherheit.

Neue Herausforderungen

Doch schwelenden Konflikte im Maghreb und Nahen Osten zeigen, dass selbst im Zeitalter des ungehinderten Informationsflusses Despoten auf ihre eigene Bevölkerung losstürmen und Ihrer Macht wegen Blutbäder anrichten. Die Zeiten sind vorbei, in denen die Weltbevölkerung erst Jahre später von Genoziden erfuhr und sie nicht vermag rechtzeitig zu intervenieren. Twitter und Facebook, aber auch WikiLeaks lassen die Weltgemeinschaft am Schrecken der Tyrannen teilhaben, in Echtzeit und ungeschminkt.
Dass diese Staaten selbst Mitglieder der UN sind, ändert wenig an der Beharrlichkeit autoritärer Regenten. Denn seit ihrer Gründung verpflichtet sich die UNO nationalen politischen und territorialen Interessen nicht zuwider zu handeln.
Jedoch geht eben diese Gründung auf ein Jahrzehnt des Zerstörens zurück, in dem sich Staaten überwiegend untereinander bekriegten. Die kürzlichen und immer noch anwährenden Auseinandersetzungen zeigen jedoch, Kriege werden heute innerhalb der Landesgrenzen geführt. Dass diese nicht den Weltfrieden bedrohen können, ist eine naive Haltung die widerspiegelt, dass sich die Staatengemeinschaft noch nicht den Herausforderungen der heutigen Zeit stellen möchte.
Nicht nur ausgelöste Flüchtlingswellen (siehe Italien und Liberia), sondern auch im Chaos des Geschehens getarnte Waffenhehlerei (wie jetzt im Fall von libyschen Waffen an Al-Kaida) bedrohen die Weltgemeinschaft in allen Winkel des Globus, ganz zu Schweigen von unzähligen Menschenrechtsverletzungen die fortan begangen werden.
Und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Der Sudan steht kurz nach seiner Aufspaltung vor einem Bürgerkrieg, ebenso nehmen Spannungen im Yemen und Irak innerhalb der Bevölkerung zu. Der Libanon sitzt auf einem Pulverfass und erwartet das Urteil des UN-Tribunals zum Hariri-Mord. Es brodelt vielerorts und die Vereinten Nationen haben darauf noch keine Antwort gefunden.
Dabei sind solche Konflikte durch die voranschreitende Globalisierung und wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen nicht mehr national zu beschränken (siehe ivorischer Kakao und libysches Öl). Es sind zwar meist ethnische Spannungen, die zum Konflikt führen, doch die Weltgemeinschaft trifft es im Mark: es belastet den Welthandel. Steigende Preise sind das Ergebnis, welche wiederum zu weiteren Spannungen führen können, wenn sich beispielsweise indische Bauern das Saatgut nicht mehr leisten können. Die Welt ist zusammengewachsen.
Die UNO interveniert somit nur in Krisenherden in denen es bereits richtig geknallt hat. Die Gefahrenminderung für die Weltgemeinschaft muss jedoch schon wesentlich früher beginnen. Daran wird sie allerdings nicht nur durch ihre eigenen Statuten (die Wahrung der nationalen Souveränität) gehindert, sondern eben auch, weil die Staatengemeinschaft eine Staatengemeinschaft ist. Soll heißen, auch im Sinne des Weltfriedens vertritt jedes Mitglied eigene Interessen. Nicht anders können zum Beispiel die Enthaltungen bei der Resolution 1973 zur Intervention in Libyen, auch auf deutscher Seite, erklärt werden. Solch Interessen sind, wie sollte es auch anders sein, meist wirtschaftlicher Natur. Die Perfidie dieser Tatsache muss wohl nicht erläutert werden.

Umbau erforderlich

Was es also braucht ist einen Sinneswandel auf der einen Seite . Die Welt tickt heute anders als nach dem Zweiten Weltkrieg und niemand kann es sich erlauben, losgelöst vom Rest der Welt vor sich herzuwerkeln. Zum Anderen ist eine Modernisierung der UNO von Nöten. Die Statuten müssen erlauben, auch in nationalen Konflikten frühzeitig eingreifen zu können, nicht erst wenn Al-Jazeera von Leichenbergen auf den Straßen berichtet. Denn auch wenn Völker innerhalb der eigenen Grenzen aufeinander losgehen, so ändert das nichts am Ziel der UN, die „[...] Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle [...]“ zu fördern. Außerdem müssen die Vertreter der Mitgliedstaaten unabhängiger von ihren heimischen Regierungen und deren Wahlversprechen entscheiden dürfen. Zwar ist die Rückendeckung der Vertreter durch ihre Regierung unabdingbar, dennoch sollte das internationales Interesse am Weltfrieden über wirtschaftlichen Belangen oder Klüngeleien einzelner Staaten stehen.
Eine Restrukturierung der UNO steht bereits seit Langem auf der Agenda, doch es zeigt sich, dass, ebenso wie bei Post-Kyoto oder der Finanzkrise, die Staatengemeinschaft sehr behäbig Entscheidungen trifft. Die unmittelbare Gefährdung von Menschenleben sollten sie aber zur Eile ermahnen.
Und vielleicht bietet gerade dieses Projekt, einem unbeliebten und erfolglosen Außenminister die Chance, sich trotz aller Zweifel zu profilieren. Das ist jedoch ein ganz anderes Thema.

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