Samstag, 6. November 2010

Wirtschaftsminister fordert Bevölkerung zum Unglücklichsein auf

Ganz nach Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ fordert Wirtschaftsminister Brüderle die Deutschen auf, sich ihrem Glück abzuwenden.
In dem am Donnerstag vorgestellten Grundsatzpapier zur Zukunft des Industrielandes Deutschland rät das Wirtschaftsministerium, Umwelt- und Klimapolitik der Wirtschaftspolitik unterzuordnen. Ziel sei es, „marktwirtschaftlichen Instrumenten Vorrang“ zu gewähren um so den Wohlstand auszubauen und das Wachstum zu beschleunigen, gesellschaftliche Ziele wie Umweltanliegen sollten „Aufwand und Ertrag nüchtern gegeneinander“ abwägen.
Dies bedeutet, Naturschutz muss den wirtschaftlichen Interessen weichen. Oftmals ist die Steigerung der Lebensqualität durch eine nachhaltige Lebensweise aber nicht monetär erfassbar. Zum Beispiel das Schaffen von Umweltzonen und Naturreservaten kann nicht mit den Mehreinnahmen einer alternativen industriellen Nutzung der Fläche aufgewogen werden. Und dennoch sind es eben solche Orte, die den Menschen mehr Lebensqualität und Wohlstand sichern. Unter einer Kosten-Nutzen-Rechnung gäbe es womöglich keinen spürbaren Umweltschutz, schließlich sind sie selten, so wie es das Wirtschaftsministerium fordert, „wirtschaftlich vertretbar“.
Auch ist durch eine Vielzahl von Studien, wie unter anderem vom Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann, festgestellt worden, dass eine Steigerung des Wohlstandes im finanziellen Sinne nicht zwangsläufig zu einer Steigerung des Wohlbefindens beiträgt. Eine Untersuchung der Universität Princeton fand sogar heraus, dass jeder mehr verdiente Dollar über einem Jahreseinkommen von 75.000US$ dem Menschen wieder mehr Sorgen auflastet.
Nicht von ungefähr kommt es, dass das Bruttoinlandsprodukt als Indikator des Wohlstandes der Bevölkerung hinlänglich geworden ist. Soziologische und ökologische Aspekte spielen bei der Definition von Glück eine ebenso entscheidende Rolle, wie die Absicherung der Grundbedürfnisse.
Brüderle setzt sich dennoch verstärkt für die Interessen der Industrie ein. Er versteckt sich hinter der Behauptung, die Bürden des Klimaschutzes müssen auf den Schultern aller Länder verteilt werden. Solang dies nicht durch völkerrechtlich bindende Abkommen gewährleistet sei, darf auch die deutsche Schwerindustrie nicht belastet werden. Hierbei geht es weniger um die Tatsache, dass sich die Führungsriege der FDP einmal mehr als Büttel der Wirtschaft beweist, sondern vielmehr vom Verständnis dafür, was den Menschen wichtig ist.
Das ist mitnichten ausschließlich ein volles Portemonnaie, sondern auch eine umweltbewusste Wirtschaftspolitik und das Bewusstsein nachhaltig mit den Ressourcen umzugehen, um auch nachfolgende Generationen daran teilhaben zu lassen.
Das dient der Steigerung des Glücks und nicht, wie vom Wirtschaftsministerium gefordert, vorrangiges Wirtschaftswachstum.

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